ARMENIEN

Hauptstadt: Jerewan

Einwohner: 3,015 Mill.

Fläche: 29,743 km²

Währung: 1 Dram = 100 Luma

BIP pro Einwohner: 3521 US$

 

 

Tag 113   08.07.2012    Martuni   Kilometer 6151

Im Land der uralten Lada's und Wolga's

 

Beim Kilometerstand von genau 5900 sind wir auf die armenische Grenze zugerollt. Die Visaerteilung soll ja eher unproblematisch sein. Das bedeutet aber keinesfalls zügig, wie wir jetzt wissen.

An der Grenze gab es nur einen Schalter und vor dem herrschte unbeschreibliches Chaos. Alle schmunzeln über das Schlangestehen in Deutschland. Wir können sagen, dass hat auch sein Gutes. Hier belagerte eine wabernde Menschenmenge das winzige Guckloch des Beamten. Ständig kamen neue Reisegruppen dazu. Manche drängelten wie verrückt, andere verloren die Nerven, Kinder brüllten. Der Beamte manchmal auch. Keine Ahnung was. Geändert hat sich dadurch aber nichts. Ich drängelte halt mit. So hatten wir nach einer guten Stunde unsere Visa im Pass kleben. Und das für gerade 6€ p.P. Hätten wir Aserbaidschan als Transitland in den Iran gewählt, wären 200Us-Dollar p.P. fällig gewesen.

Aber das war nicht der vorherrschende Grund durch Armenien zu fahren. Die Landschaft und die Menschen waren die Hauptkriterien.

 

Gleich nach der Grenze änderten sich nicht nur die Schrift sondern auch die Umgebung total. Es ging direkt in die Berge. 90% der Fläche Armeniens zählt als Bergland. Nachdem es in Georgien doch etwas eintönig geworden war, nahmen wir die neue Kulisse umso begieriger auf.

 

Deutlich ist uns auch sofort aufgefallen, dass in diesem kleinen, aber sehr reizvollen Land bedeutend weniger Straßenverkehr herrscht. Allerdings wird die Szenerie auf den Straßen eindeutig von teils uralten Lada's und Wolga's dominiert. Kennen wir doch noch!

 

Nach einigem auf und ab an den ersten beiden Tagen passierten wir am Nachmittag des dritten Tages plötzlich ein Schild mit der Aufschrift „CAMP“. Da das der erste Hinweis auf einen Campingplatz seit etlichen Wochen war, zogen wir die Reißleine und bogen in den schmalen Weg ein, auf den das Schild deutete. Zwei Kurven später standen wir vor einem Tor, dass von Jungpionieren bewacht wurde. Nach weiteren drei Minuten saßen wir als Ehrengäste auf der Tribüne im Pionierferienlager. Wir bestaunten eine Parade der Kinder in weißen Hemden und Pionierhalstüchern, ohne den genauen Anlass zu kennen. Wir waren überrumpelt. Als dann noch die Nationalhymne abgespielt wurde, fühlten wir uns sehr an die Fahnenappelle unserer Kindheit erinnert. Nur die Halstücher hatten eine andere Farbe.

Es stellte sich dann heraus, dass es sich um das Ferienlager der hiesigen Eisenbahngesellschaft handelte und der Unternehmenschef heute dem Lager einen Besuch abstattete.

Die Leute, die das Ferienlager inzwischen privat führen und vor allem die Kinder freuten sich sehr über uns „Internationale Gäste“.

Wir wurden natürlich zum Dinner eingeladen. Auch Zeltplatz und Dusche bot man uns an.

 

An den kommenden 2 Tagen ging es weiter durch herrliche Gebirgslandschaften und schließlich einem letzten Pass entgegen. Als wir danach noch einen Tunnel absolviert und die anschließende Abfahrt genommen haben, erreichten wir den Sevan – See auf 1900m über dem Meeresspiegel. Es handelt sich um den größten See Armeniens. Er ist immerhin fast doppelt so groß wie der Bodensee. Als wir an dem malerischen Hochgebirgssee entlang radelten, fühlten wir uns mehr als nur entschädigt für unsere Mühen.

 

 

Schon in Georgien und nun auch in Armenien ist die russische Sprache als zweite Muttersprache präsent. Hatten wir zu Beginn noch Hemmungen ein paar Floskeln dieser Sprache einzusetzen, macht es uns inzwischen Spaß die Leute damit zu überraschen. Wir staunen selbst nicht schlecht wie viele Fragmente oder sogar ganze Sätze uns über die Lippen kommen. Herr Sußdorf und Frau Strohwald, unsere ehemaligen Russischlehrer, wären bestimmt total begeistert.

Tag 118 13 .07.2012 Siyah Rud Kilometer 6518

 

 

 

Wie uns unser letzter Pass in Armenien in die Knie zwang

 

 Als wir unseren Schlafplatz kurz hinter Kapan verließen, begleiteten uns gemischte Gefühle. Schließlich hatten wir in unserer Karte gesehen wie hoch hinaus es wieder gehen sollte.

Am zeitigen Vormittag absolvierten wir bereits die ersten Ausläufer des Gebirges. Gerade tauchte wieder ein 12% Schild auf. Wir quittierten es mit einem Stoßseufzer als uns plötzlich einer dieser uralten Wolga-Kombis überholte und direkt vor uns hielt. Wir wollten am liebsten weiterfahren, Radfahrer wissen wie gerne man am Berg anhält. Der Fahrer gab uns aber eindeutig zu verstehen, dass er uns zum Pass fahren möchte. Wir dachten erst es wäre ein Witz. Er deutete aber zu seinem robusten Dachgepäckträger und zeigte auf unsere Bikes.

Auf sein erneutes Fragen sagten wir nur noch einmal ganz leise: „Nein“. Beim zweiten mal: „Najaaaa“. Schließlich hatten wir in den Tagen in Armenien mehrere Pässe zwischen 2000m und 2450m über dem Meeresspiegel zu bezwingen gehabt. Ganz zu schweigen von dem restlichen Auf und Ab. Trotz der immer noch großen Motivation, waren unsere Beine leer.

Auf sein drittes Nachfragen sagten wir schließlich: „ Okay“!

So waren Ruck zuck unsere Sachen im Auto verstaut und unsere Räder auf dem Dach verzurrt. Als wir während der Fahrt sahen, wohin die Reise ging bereuten wir unseren Entschluss keineswegs, sondern gratulierten uns mehrmals dazu.

Als wir oben angekommen waren wollte der Fahrer absolut nichts für seine Dienste haben. Der Hammer war aber, dass er uns wirklich genau auf dem Pass absetzte und dann wieder umkehrte. Das heißt, er hat sein altes und treues Gefährt nur wegen uns die unzähligen, steilen Rampen hinauf getrieben. Kaum zu glauben.

 

Von dort oben hatten wir eine ewig lange Abfahrt bis zur Iranischen Grenze. Die Schussfahrt haben wir sehr genossen, auch wenn wir sie uns nicht so ganz verdient haben.

Das Ganze ist uns schon ein bisschen peinlich. Zumal wir schon lange geplant hatten ab Jolfa oder Tabriz mit dem Bus nach Teheran zu fahren. Das aber nicht um Strecke abzukürzen. Nicht das jemand denkt, wir wären des Radfahrens überdrüssig. Weit gefehlt. Der Grund ist, wir wollen unbedingt eine Woche vorm Ramadan in Teheran sein. Denn während des Fastenmonats verliert die Stadt doch viel von ihrer Vitalität.

 

 

Aber dazu mehr im nächsten Bericht.