USBEKISTAN

Hauptstadt: Taschkent

Einwohner: 31, 576 Mill.

Fläche: 448 978 km²

Währung: 1 Som = 100 Tiyin

BIP pro Einwohner: 2 202 US$

Tag 161   26.08.2012   Samarkand  Kilometer 8520

 

 

 

Wir sind im Orient

 

Kleiner Nachtrag zu Turkmenistan:

Mit Prunkbauten in Turkmenabat meinte ich nicht etwa historische Gebäude. Was uns ins Auge stach waren Paläste, die erst in den letzten Jahren erbaut wurde. Die große Anzahl und die verschwenderische Bauweise stehen in so starkem Kontrast zum Rest des Landes, dass es fast schon grotesk wirkt. Vor allem wenn man sieht wie sich die Leute mit der brachliegenden oder gar nicht vorhandenen Infrastruktur abplagen müssen.

 

 

In Turkmenabat angekommen nahmen wir ein Hotel und natürlich ein Zimmer mit Klimaanlage. Witzigerweise trafen wir wieder auf das australische Radlerpaar, dass wir bereits vor 3 Tagen unterwegs kennengelernt hatten. Sie verfolgten aber einen anderen Zeitplan als wir und absolvierten den Wüstenabschnitt komplett im Taxi.

Solche Begegnungen sind natürlich für Radreisende sehr willkommen. Die Gesprächsthemen sind schnell gefunden. Die Erfahrungen in den bereits absolvierten Ländern, die Probleme bei der Visabeschaffung und natürlich der Vergleich der Fahrräder und Ausrüstung. Erstaunt haben wir festgestellt, das Kristina und Nic zwar fast genauso lange unterwegs sind wie wir, aber mit deutlich weniger Gepäck. Und ich dachte immer wir sind kompakt am Start. Gut zu wissen, dass wir immer noch Potential haben. Vielleicht hat Bine doch eine rote Jacke zu viel mit. Upps, dass ist mir jetzt aus versehen raus gerutscht :-)

Die Strecke bis zur Grenze legten wir am nächsten Tag gemeinsam zurück. Das war für uns seit langem mal wieder Gelegenheit nicht nur zu zweit zu fahren. Allerdings zeigte sich nun auch, dass wir die letzten Hitzeetappen nicht so leicht wegstecken sollten. So trennten wir uns nachmittags von den beiden. Bine und ich hatten beschlossen das nächste Hotel anzusteuern um eine Auszeit zu nehmen, während die beiden weiter nach Norden wollten. Unregelmäßiges Essen, kaum Schlaf und die ewige Hitze hatten bei uns ihre Spuren hinterlassen.

 

Da kam aber gleich das nächste Problem. In Grenznähe gab es keine einzige brauchbare Unterkunft. Das nächste Hotel befand sich in Bukhara, ca. 100km entfernt. Nach Heldenmut war uns aber auch nicht. Bevor wir uns aber den Rest geben und uns mit zu viel Ehrgeiz den Spaß an der Sache verderben, nahmen ein günstiges Privat-Taxi und ließen uns hinfahren. Hauptsache wir gewöhnen uns nicht an solche Aktionen. Sonst könnten wir ja gleich unsere Fahrräder nach Hause schicken.

 

Bukhara war die erste größere Stadt in Usbekistan an der Großen Seidenstraße. Allerdings sind wir schon seit Wochen immer wieder an der historischen Handelsroute unterwegs und hätten die Städte etwas orientalischer erwartet. Unsere Hoffnungen sind leider nicht wirklich erfüllt worden. So hatten wir auch jetzt keine zu großen Erwartungen. Und dann geschah es. In Bukhara war er da: Der Orient.

Das komplette Stadtzentrum ist märchenhaft, wie aus 1001 Nacht. Alle Gebäude, egal ob Wohnhäuser, Basare, Hotels und auch die Plätze. Die mächtigen Mauern die vielen Kuppeln und die hohen Tore haben gar nichts abendländisches mehr. Der historische Stadtkern ist komplett autofrei und sehr gut erhalten, sicher auch dank UNESCO - Weltkulturerbe Status. Man glaubt in einem Museum zu sein. Natürlich ist außer den Preisen auch alles andere sehr touristisch. Bis hin zu deutschen Speisekarten.

 

Nach Bukhara ging es für uns leichter weiter. Die inzwischen Max. 38°C empfanden wir als spürbare Abkühlung. Wir kehrten von 4h Siesta auf normale Mittagspause zurück und standen auch morgens nicht mehr 4:00 Uhr auf. Welch Erlösung. Usbekistan ist bis auf einen kleinen Wüstenabschnitt wieder Grün. Die Schlafplatzsuche war auch kein Problem. Fast durchgängig fuhren wir an Gemüsefeldern und Obstplantagen entlang. Hier fanden wir immer idyllische Plätze. Oft brachten uns sogar die Bauern noch Obst und Gemüse zum Abendbrot.

Vor uns liegt mit Samarkand eine weitere Perle des Orients. Wir sind gespannt.

 

 

Tag 170   04.09.2012   Taschkent  Kilometer 8847

 

 

 

Weiter entlang der Seidenstraße

 

Bukhara als Stadt des Orients an der Großen Seidenstraße hat die Latte für die kommenden Städte zu hoch gelegt. Samarkand und Taschkent konnten nur durch tauchen.

Die riesigen Plätze, die breiten und endlosen Alleen lassen alles Sehenswerte zu weit auseinander driften. Es kommt keine Gemütlichkeit auf und keine so behagliche Atmosphäre. Eine richtige Altstadt war nicht zu finden. Wir hatten immer das Gefühl, weitergehen zu müssen.

Sehr unangenehm war in der usbekischen Hauptstadt die permanente Polizeipräsenz. Gab es über Land alle paar Kilometer einen Kontrollposten, stehen die Polizisten hier im Abstand von wenigen hundert Metern an der Straße und an allen, als wichtig eingestuften Punkten. Zu Touristen sind sie zwar sehr höflich und korrekt, unter ihren Landsleuten genießen sie aber keinen guten Ruf.

Wir sahen sie nicht nur bei Autokontrollen. Es kam auch vor, dass sie bei x- beliebigen Passanten willkürlich Taschenkontrollen durchgeführt haben. Das ganze begleitet von abstoßend herrischem Auftreten. Sehr befremdlich.

 

 

Zufälle gibt es:

 

An der chinesischen Botschaft trafen wir tatsächlich wieder auf das spanische Radelpaar, dass wir bereits aus Teheran kannten. Wir wollten unseren Augen kaum trauen. Es gab ein großes Hallo. Wir wussten das sie ein paar Tage hinter uns waren und hatten nicht damit gerechnet, sie jemals wieder zu sehen.

Allerdings, und da haben wir gleich wieder was dazu gelernt, ließen sie ihre Räder in Bukhara und sind mit dem Bus voraus nach Taschkent gefahren. Hier beantragten sie ihre China – Visa. Anschließend Bussen sie wieder zurück und radeln nach Taschkent. So überbrücken sie die mehrtägige Wartezeit.

Wir hoffen zwar unsere Visa am gleichen Tag zu bekommen. Sollte das aber nicht klappen, die Chinesen haben „Expressbearbeitung“ abgeschafft hieß es, greifen wir diese Strategie auf. Wir werden dann in Richtung Kirgistan radeln und später mit dem Bus zurück pendeln und die Visa abholen. So unser Plan. Da der aber mit heißer Nadel gestrickt ist, bleibt es wieder spannend bis zuletzt.

 

 

Pech gibt es aber auch:

 

Unser letzter Schlafplatz vor Taschkent lag etwas weiter von der Hauptstraße entfernt, wir mussten einen Feldweg benutzen. Trotz großer Vorsicht, wir kennen die hiesigen zum Teil stachligen Pflanzen bereits, haben wir uns bei der Aktion tatsächlich 10 (zehn ) Löcher in die Reifen gefahren.

 

Allein auf mein Hinterrad entfielen vier. Diesen Schlauch habe ich aber erst mal in der Warteschleife. So langsam muss ich die Anzahl meiner Flicken im Auge behal

Tag 181   15.09.2012   Andijon  Kilometer 9257

 

 

 

Where are you from heißt jetzt „откуда …...

 

... so rief es beim Radfahren ständig aus allen vier Himmelsrichtungen. Oft konnten wir den Absender gar nicht ausmachen, obwohl jeder der freundlichen Usbeken eine Antwort verdient hätte.

 

Inzwischen haben wir unsere China-Visa in unseren Pässen kleben und können unser Glück noch gar nicht fassen. Das war das letzte der kritischen Visa. Wir freuen uns wie Bolle, dass sich unsere Beharrlichkeit nun ausgezahlt hat.

Sabine hat ihre erste Heimwehkrise gemeistert und ich habe meinen neuerlichen Magen-Darm-Gau so gut wie bewältigt. Ich glaube in unserer Reisegruppe bin ich das Sensibelchen!

Auch unser Kocher kocht wieder. Nach 2- stündiger Reparatur im Dunkeln haben wir erleichtert festgestellt, dass es doch noch einen zweiten Benzinfilter gibt, der verstopft war. Bei dem Benzin seit Turkmenistan ist das aber auch kein Wunder. Das Zeug rußt als würden wir alte Reifen verbrennen.

Weil aber trotzdem ein warmes Abendessen ausfallen musste, ist uns wieder so richtig bewusst geworden wie abhängig wir von dem Teil sind. Wir werden es nun noch pfleglicher behandeln und täglich einmal streicheln.

 

Um unsere Visa abzuholen, mussten wir die Strecke Andijon – Taschkent noch zweimal mit dem Auto abfahren. Da wir sie bereits vom Radeln kannten, konnte uns auch der 2200m Pass nicht mehr überraschen.

So hatten wir noch mal Muse uns die letzten Wochen in Usbekistan vor Augen zu führen.

 

Mit dem Geld war es ein rechter Krampf.

Es war nun bereits das dritte Land hintereinander, in dem wir nicht einfach Bargeld in der entsprechenden Landeswährung mittels Kreditkarte abheben konnten. Nur mit US-Dollars kommt man an Bargeld. Die gehen bei uns aber auch langsam zur Neige. So waren wir froh, dass wir in Taschkent, zum ersten mal seit Armenien, an einem Bankomaten wieder US$ ziehen konnten.

Allerdings nicht auf einer Bank, sondern nur in einem bestimmten Hotel in der Hauptstadt unter fast schon konspirativen Umständen. Wie übrigens immer hier beim Geld Tauschen.

 

Mit dem usbekischen Geld kam gleich das nächste Problem. Durch die schwindelerregende Inflation im Land bekommt man für 40 US$ weit über 100 000 Usbekische Som. Da aber die größten Scheine auf nur 500 bzw. 1000 Som lauten, bekommt man so 100 – 200 Noten. Egal ob kleiner Einkauf oder Gaststättenbesuch, immer ist ein ganzes Bündel fällig. Die Einheimischen sind generell mit Tasche unterwegs, ein Portemonnaie hat hier längst ausgedient. Uns beeindrucken sie mit ihrer atemberaubenden Geldzählgeschwindigkeit. In größeren Läden stehen an den Kassen immer Geldzählmaschinen.

Wir konnten uns nie an diese Beträge gewöhnen. Nach dem Umtauschen hatte man das Gefühl reich zu sein. Gaben wir aber blitzartig ganze Pakete davon aus, durchzuckte es uns wie ein Blitz: Wir sind Pleite.

 

Gelernt haben wir auch, dass in Usbekistan alles Wichtige über den Schwarzmarkt läuft. Egal ob Benzin kaufen, Geld tauschen, Taxi Fahren.....

Braucht man eine gute Wohnung, bessere Schulbildung für die Kinder, ein offenes Ohr bei den Behörden, nur mit Bakshish kommt man zum Ziel. Sogar für einen Arztbesuch sollte man Schmiergeld (Geschenk?) dabei haben.

 

In den bekannten Touristenmetropolen erlebten wir zum ersten mal so richtig wie wir abgezockt werden sollten. Ein bisschen mehr zu zahlen können wir sicher nachvollziehen. Aber eine Flasche Wasser für 2€ geht wohl doch zu weit.

 

Im Gegensatz dazu zeigten sich die Usbeken sehr gastfreundlich. Immer wenn Bauern unser Zelt am Feldrand entdeckt haben, dauerte es nicht lange bis die ersten mit Obst oder Tee da waren.

Auch beim Radeln wurden wir fast täglich beschenkt. Oft mussten wir schweren Herzens eine zweite Melone ablehnen. Mehr als eine zu transportieren war uns zu beschwerlich und sie anzunehmen erschien uns zu vermessen. So viele Melonen wie in diesen Sommer haben wir noch nie gegessen. Egal ob Wasser- oder Honigmelonen. Ein Genuss!

 

Bleiben wird bei uns aber auch der Eindruck, dass Usbekistan ein Polizeistaat ist. Wir wissen nicht mehr wie oft wir kontrolliert und registriert worden sind. Egal ob in Hotels oder auf der Straße. Bei so viel Polizei beschlich uns das Gefühl, dass in diesem Land mehr Polizisten als „Normale“ Einwohner leben.

Als wir am vorletzten Abend in Taschkent auf Hotelsuche waren, wurden wir tatsächlich vom Management eines Hotels weggeschickt. Nach eingehender Prüfung waren ihnen unsere bisherigen Registrierungen nicht vollständig genug. Sie gaben uns kein Zimmer und setzten uns auf die Straße. Wir waren wie vom Donner gerührt. In anderen Hotels war man zum Glück nicht so akribisch.