Auf dem Fahrradhighway Deutschland – Singapur

 

Seit wir Asien verließen, haben wir gerade mal in Australien ein Radelpaar aus Holland getroffen. In Brasilien noch gar keine Reiseradler. Da haben wir uns vor lauter langer Weile über das bunte Treiben auf dem Fahrradhighway von Europa nach Singapur unterhalten und mir fiel wieder ein, dass ich das doch auch mal zusammen fassen wollte.

Jetzt denkt ihr bestimmt, nun kommt der mit den ollen Kamellen. Aber keine Angst. Es ist sehr erstaunlich, was sich auf der langen Meile alles abspielt und gewiss auch sehr unterhaltsam. Das hätten wir vorher niemals erwartet.

 

Das ganze begann so:

Kurz vor Wien, an der Donau, trafen wir unseren ersten Reiseradler, Ralf aus Leipzig. Wir haben uns alle drei gefreut wie die kleinen Kinder, dass da noch jemand ist und gleich noch einen Tag in Wien gemeinsam verbracht.

Einige Wochen später, an unserem dritten Tag in der Türkei, wurden wir von einem Tankstellenwart zum Tee eingeladen. Er berichtete uns, dass vor zwei Tagen ein holländisches Pärchen vorbeikam. Ca. 8 Wochen danach kam uns mitten in Armenien ein brasilianisches Paar entgegen geradelt. Sie berichteten uns ebenfalls von einem holländischen Paar. Wir dachten gleich an die beiden „von der Tankstelle“. Aber, sie waren immer noch 2 Tage vor uns...

Und jetzt kommt' s. Mitten in China, in Jiayuguan, also mindestens weitere 3 Monate danach, klopfte es abends an unsere Hoteltür. Als wir aufmachten standen 2 großgewachsene Velofahrer vor uns, die sich als Anna und Wiehe aus Holland vorstellten. Nach kurzem Faktenaustausch war klar, dass es genau die beiden waren, denen wir bereits seit Mitte Mai, also seit über 5 Monaten auf den Fersen waren. Sie hatten unsere Fahrräder im Keller gesehen und den Portier nach den Leuten dazu gefragt.

 

Nachdem wir uns wieder getrennt hatten, trafen sie, wie wir später erfuhren, in Osttibet mitten auf der Straße Ralf und außerdem Tim & Lorena aus Frankfurt. Die beiden Hessen hatten wir 7 Wochen zuvor in Kashgar, Westchina, im Hostel kennengelernt.

 

Im Juni trafen wir in Kappadokien, Zentraltürkei, auf einem Campingplatz unter anderem ein Paar aus Neuseeland. Sie hatten vor, die nächsten Monate weiter nach Europa und schließlich nach Deutschland zu radeln.

Wir hätten nie gedacht sie wieder zu sehen. Aber Pustekuchen. Im Januar, also 7 Monate später, wir befanden uns in Laos, auf der kleinen Mekonginsel Don Det, liefen sie uns buchstäblich in die Arme. Es gab natürlich ein großes Hallo. Sie sind wirklich bis nach Deutschland gekommen. Dann war es ihnen aber zu kalt und sie sind nach Südostasien geflogen. Und... selbstverständlich kannten sie auch Ralf. Sie haben ihn in Nordlaos getroffen, wie sie uns erzählten.

 

In Teheran, bei unserem nervenaufreibenden Botschaftsmarathon, lernten wir vor der usbekischen Botschaft die beiden sympathischen Spanier Laura und Aitor kennen. Nur 6 Wochen später, wir stehen gerade in Taschkent vor unserer geliebten chinesischen Botschaft, kommen plötzlich die beiden um die Ecke. Wirklich Klasse solche Zufälle.

Es geht aber noch weiter.

 

In der Wüste Turkmenistans lernten wir Kristina & Nic aus Sydney kennen. Drei Tage später liefen sie uns in einem Hotel in Turkmenabat über den Weg. Als wir elf Monate danach in Australien waren, besuchten wir sie natürlich in Narabeen, an den nördlichen Stränden von Sydney und wohnten einige Tage bei ihnen.

 

An der chinesischen Grenze trafen wir die quirlige Israelin Shira. Das sie 2 Tage später im selben Hostel, dem Pamirhostel, in Kashgar auftauchte, war ja noch keine Sensation. Aber 2 Monate später trafen wir sie tatsächlich in Kunming, Südchina, im Hump-Hostel wieder.

Außerdem fuhren wir einige Tage mit den Franzosen Jean-Francois in Westchina und Ellie in Zentralchina. Und natürlich kannten sie Veggi-Ralf bereits aus Kirgistan. Wer kennt ihn nicht?

Außerdem erfuhren wir so, das der Motorradfahrer Nikolas aus Paris, wir kannten ihn von einer gemeinsamen Mittagspause aus Usbekistan, in Kirgistan einen schweren Unfall hatte. Er war auf dem Weg nach Nowosibirsk, musste aber seine Reise abbrechen und nach Hause fliegen.

In Südchina kreuzten sich unsere Wege mit denen von Susanne und Rene aus der Schweiz. Mit ihnen trafen wir uns die kommenden Wochen immer mal wieder auf dem Weg nach Singapur, okay, nicht zufällig.

In Laos radelten wir außerdem noch mit Sofia & Steffen aus Chemnitz und mit Claudia aus Greiz. Eine prima Abwechslung.

 

Da wussten wir aber noch nicht, dass uns das wahre Highlight noch bevor steht. Als wir einige Wochen später aus Bangkok hinausfuhren, mit Susanne & Rene, passierte das Unglaubliche. Mit hängendem Kopf, das Fahrrad an die Leitplanke gelehnt, stand plötzlich... German - Ralf vor uns.

Sein Pech und unser Glück war, dass ihm eine Speiche gebrochen war. Sonst hätten wir ihn wohl nicht wieder gesehen. So rasten wir die nächsten Tage zu fünft weiter auf flachem Terrain in Thailands Süden hinunter.

Die Vorteile lagen auf der Hand. Ich hatte gleich drei andere Zuhörer auf einmal, die nicht schon all meine Geschichten kannten. Und Bine hatte kochfrei. German - Ralf verwöhnte uns allabendlich mit wunderbaren veganischen Gerichten.

 

Am Ende lässt sich wohl mit Fug und Recht behaupten, das Ralf der ungekrönte König 2012 der Tour: „Wie komme ich am besten nach Singapur und treffe dabei die meisten Leute“ ist. Die größte Power und die meisten Kilometer hat er sowieso. Ich glaube über 24 000. In Kambodscha trafen wir ein holländisches Paar, das einige Wochen zuvor versucht hatte mit ihm mit zu fahren, aber nach nur einem halben Tag aufgaben. Sie sagten: „He drives like a german machine“.

 

Ihr seht also, auf dem Weg von Deutschland nach Asien ist man nicht allein. Außer den genannten trafen wir noch viele Pärchen oder Singles, aber nur einmal. Die meisten kamen aus Holland, Frankreich, Spanien, der Schweiz und Deutschland. Aber einige auch aus Südkorea, Japan, China, Neuseeland und Kanada. Sogar aus Island, England, Polen und Brasilien haben wir jemanden getroffen. Da wir alle mit dem gleichen Spirit unterwegs sind, gibt es nie eine Hemmschwelle. Man ist sofort beim Tauschen. Seien es Tipps, Material, Karten und Unterkunftsempfehlungen, Ersatzteile oder alle möglichen Erfahrungen.

 

Und nach dieser Trasse des Massentourismus haben wir in Australien gerade mal ein Reiseradelpärchen getroffen. In Brasilien ist totale Fehlanzeige. Wir hoffen in den Anden und auf der Panamericana wird es wieder besser.