BULGARIEN

Hauptstadt: Sofia

Einwohner: 7, 202 Mill.

Fläche: 110 994 km²

Währung: 1 Lew = 100 Stotinki

BIP pro Einwohner: 7 328 US$

Tag 58 14.Mai 2012 Kilometer 3326 Aheloy (Bulgarien)

 

 

 Am Schwarzen Meer - (fast) ohne Campingplätze

 

 Nachdem die Donau für 2000 Kilometer unser zuverlässiger Begleiter war, hieß es nun Abschied nehmen. In Giurgiu, Rumänien, überquerten wir den Strom über die immerhin 4 Kilometer lange Donaubrücke. Damit ist sie eine der längsten Brücken Europas.

 

Allerdings mussten wir dieses Ereignis um einen Tag verschieben. Ich hatte mir, wahrscheinlich bei der Fast Food- und Bäckerverpflegung an unserem Pausentag in Giurgiu den Magen verdorben. Das hat man davon, wenn man nicht selbst kocht :-)

 

Dass wir nun endlich in Bulgarien in einem neuen Land angekommen sind, haben wir an mehreren Sachen gemerkt. Es wirkt aufgeräumter, mit besserer Infrastruktur und die Landwirtschaft ist moderner. Außerdem werden wir kaum noch gegrüßt, statt dessen verstohlen gemustert oder sogar belächelt.

 

Bulgarien ist auch das zweite Land auf unserer Reise, in dem uns von allen Schildern kyrillische Buchstaben an unsere tief verschütteten Russischkenntnisse erinnern. Unser Vokabular geht zwar gegen Null, aber immerhin können wir noch recht flüssig Ortsnamen und andere wichtige Dinge lesen und erfragen. Da zahlen sich die vielen Jahre Russischunterricht doch noch aus.

 

Auch landschaftlich sehen wir Unterschiede. Die Flächen zwischen den Orten sind nicht mehr komplett kahl geschlagen. Immer wieder finden sich Baum- und Buschgruppen, sogar Wäldchen und Wälder. Toll für Camper. Als wir die Bundesstraße verlassen haben und über viele Dörfer und einsame Landstraßen uns unsere Strecke zum Meer suchen, wurde es bergig aber sehr reizvoll. Wir fühlten uns an unseren geliebten Thüringer Wald erinnert.

 

Nach nur 3 Radeltagen haben wir am Samstag, den 12. Mai, das Schwarze Meer erreicht. Seit unserem Start in Gera sind wir 3229 Kilometer bis hierher gefahren. Als wir die Fahrräder in den Dünen abgestellt haben, mit den Füßen eine erste Wasserprobe genommen haben, der Brandung lauschten und die Wellenkämme beobachteten wurden wir fast ein bisschen sentimental. Das Schwarze Meer zu erreichen war immer ein gewisser Meilenstein. Und nun sind wir wirklich hier. Unglaublich.

 

Als wir an den kommenden 3 Tagen die Küste hinab Richtung Süden fuhren, lernten wir, dass die meisten Campingplätze auf unserer Karte nicht mehr existieren. Entweder sind sie verfallen oder Hotels gewichen. Vor allem die letzten 12! Kilometer vor Nessebar sind komplett mit Hotelkomplexen und allen zugehörigen Notwendigkeiten wie Bars, Restaurants und Shoppingcentern verstellt. Überall wird noch gebaut, gehandwerkert und gegärtnert. Erste Gaststätten haben schon geöffnet. Es fehlt nur noch an Gästen. Eben Vorsaison, die Ruhe vor dem Sturm.

 

 

10 Kilometer nach Nessebar fanden wir doch noch einen Campingplatz. Er versprüht zwar noch viel postsozialistischen Charme. Er hat aber die wichtigsten Dinge trotzdem, sogar WIFI. Hier machen wir nun 2 Tage Pause. So können wir alles mal wieder in Ordnung bringen.  


Tag 65 21.Mai 2012 Istanbul Kilometer 3728

 

 

Auf dem Weg zum Bosporus

 

 Unsere zwei Pausentage auf dem Campingplatz haben wir nicht nur mit faulenzen verbracht. An einem Tag sind wir zurück nach Nessebar gefahren und haben uns vor allem die Altstadt angeschaut. Sie liegt auf einer vorgelagerten Halbinsel und ist eine wahre Perle. Nur über eine Mole erreichbar, stehen in der kleinen Stadt unzählige, teils sehr alte Kirchen. Man kann ewig durch die idyllischen Gassen mit seinen sehr gut erhaltenen Fischerhäusern aus Holz schlendern.

 

Nach den zwei Tagen Campingplatz lagen noch zwei Etappen in Bulgarien vor uns. Die erste war eine Flachetappe an der Küste entlang, gut geeignet den Rhythmus wieder zu finden und Kräfte zu sammeln.

 

Einen Schlafplatz fanden wir bei netten Leuten neben ihrem Wochenendgrundstück. Außerdem war bei ihnen gerade ein Grillabend im Gange. Wir kamen um eine Teilnahme nicht herum. Die Extra Fleischration sollte sich im Nachhinein aber bezahlt machen.

Am nächsten Tag bekamen wir nämlich ein Höhenprofil wie ein EKG. Daran konnten wir uns bis zum Nachmittag abarbeiten. Viel zu sehen gab es leider auch nicht. Der Wald war so dicht, dass er keine Aussichten bot, Ortschaften gab es kaum noch.

 

Umso erstaunter waren wir, als sich plötzlich mitten im tiefsten Wald eine Minibaracke mit der Aufschrift >Polizei< in unser Gesichtsfeld schob. Tatsächlich tauchten zwei Uniformierte auf, kontrollierten unsere Pässe und befragten uns. Und das 50 Kilometer vor der Grenze. Schließlich machte es Klick bei uns: Ist ja eine EU-Außengrenze. So wagten wir es auch nicht mit unserem Zelt als finstere Gestalten im Wald zu verschwinden und nahmen ein Hotel im Grenzort.

 

Die nächsten zwei Tage hatten wir sehr viel Regen, später wieder etwas Sonne. Aber kaum in die Türkei eingereist wurden wir wieder gegrüßt und bestaunt. In einem kleinen Dorf, in dem wir abends anhielten um noch Ekmek (Brot) zu kaufen und Wasser zum Kochen und zum Waschen zu besorgen, waren wir die Attraktion. Eine sehr aufgeweckte Schar Kinder zeigte uns Miniladen, Bäcker und Brunnen. Anschließend begleiteten sie uns zum Dorfausgang und wollten natürlich alles genau erklärt haben.

 

Eine andere nette Begegnung hatten wir an einer Tankstelle. Hier kamen wir gar nicht ohne Kaffee bzw. Tee zu trinken vorbei. Wir wurden praktisch von der Straße gezogen. Ein Mitarbeiter sprach sehr gut deutsch. Wir erfuhren in der willkommenen Pause von ihm das er viele Jahre in Frankfurt gelebt hat. Außerdem, dass er wohl keinen Reiseradler an seiner Tankstelle vorbei lässt.

 

Am kommenden Tag rüsteten wir zum Run auf Istanbul. Bereits 50 Kilometer vorm Stadtzentrum begannen die Außenbezirke. Die Hälfte der Strecke absolvierten wir mit den Rädern, teilweise auf Schnellstraßen. Im Bereich des Flughafens erreichten wir endlich eine Metrostation und waren froh dem irren Verkehr zu entkommen. Wir hatten so eine erste Ahnung von der Größe der Stadt bekommen.

 

Ein Freund meines Cousins wohnt direkt im Zentrum, ein kleines bisschen oberhalb vom Goldenen Horn und vom Bosporus. Er holte uns von der Bahnhaltestelle ab. Wir hatten noch 20 Minuten zu Fuß bis zu seinem Haus. Hier werden wir die nächsten Tage wohnen und uns die Füße tagsüber wund laufen, so gespannt sind wir auf diese verrückte Stadt mit den freundlichen Türken, den Großen Moscheen und den riesigen türkischen Fahnen. Wir wollen am liebsten alles sehen.

 

 

Als spätabends der Muezzin ruft fallen wir todmüde ins Bett, in ein richtiges.