Von der Weißen Elster zum Bosporus ----- Eine Bilanz
Istanbul ist erreicht, Europa absolviert und unsere Fahrräder stehen für ein paar Tage still. Wir glauben nach 3728 Kilometern können wir es uns erlauben eine kleine Bilanz zu ziehen.
Vieles ist so gekommen wie wir es erwartet haben, aber alles war natürlich nicht vorhersehbar. Das wäre ja auch noch schöner!
Das Radfahren
Das Radfahren an sich kannten wir bereits von früheren, wenn auch kürzeren Reisen. Auch an das viele Gepäck haben wir uns recht schnell gewöhnt.
Mit so viel Routine lassen wir uns auch nicht mehr so schnell verunsichern wenn es gerade einmal nicht so läuft. Wir wissen wie schnell sich das Blatt wenden kann. Regnet es schon den halben Tag, genügt es wenn es aufhört und ein paar Minuten später fühlt man sich wieder fast trocken. Sind wir einmal richtig kaputt, fehlt meistens nur ein Kaffee. Und es geht auch niemals nur bergauf. Auch wenn man das manchmal meinen könnte.
Übrigens: Die Fahrräder machen bisher einen ausgezeichneten Job. Von Wartung und Pflege sowie einem Platten abgesehen haben sie uns ohne zu murren bis hierher gebracht.
Auch die Wahl unserer Sättel war ein Glücksgriff. So hatten wir bisher überhaupt keine Sitzprobleme. Somit befindet sich die Po-Creme, mit der wir so reichlich beschenkt wurden, noch in der Warteschleife ;-).
Das Essen
Zum Frühstück lassen wir es richtig krachen. Wir essen eine reichliche Portion Müsli, idealerweise mit Banane. Außerdem noch ein halbes bis ein ganzes Weißbrot. Dazu lassen wir uns auch sehr viel Zeit.
Gegen Mittag gibt es nochmal eine ordentliche Mahlzeit. Meistens Brot mit Wurst, Käse o.ä. Natürlich nutzen wir auch die inzwischen zahlreich gewordenen Obst- und Gemüsestände.
Abends wird gekocht. Sehr oft haben wir Kartoffelgerichte gegessen. Wer weiß wie lange es die noch gibt. Praktischerweise essen wir auch oft Nudeln oder Reis. Dazu machen wir alles mögliche. Also Gemüse, Fleisch und verschiedene Soßen. Die Zubereitung am Benzinkocher ist natürlich gewöhnungsbedürftig. Aber inzwischen funktioniert es recht gut. Seitdem unser Reinbenzin aus dem Outdoorladen aufgebraucht ist, benutzen wir übrigens Tankstellenbenzin. Das besitzt auch eine gute Heizleistung, rußt aber bedeutend mehr. Die Rückstände sieht man am Kocher. Aber mit ein bisschen mehr Pflegeaufwand ist das kein großes Problem.
Zu kaufen bekamen wir bisher fast alles was wir brauchen und mögen. Wenn man will auch sehr viele deutsche Produkte. Dunkles Brot natürlich ausgenommen. Mit Müsli war es in Rumänien etwas schwierig. Da ging es mehr in Richtung Cornflakes.
Ich bin absoluter Kaffeetrinker. Seit wir losgefahren sind, habe ich auf Instantkaffee umgestellt. Davon habe ich früher immer die Finger gelassen. Ich muss aber sagen, dieser Kaffee ist bedeutend besser als sein Ruf. Bis jetzt gibt es ihn zum Glück auch immer zu kaufen.
Die Übernachtungen
Bisher ist es uns gelungen meistens im Zelt zu schlafen. Hier kristallisiert sich heraus, dass wir wohl lieber Leute fragen ob wir auf oder neben ihrem Grundstück zelten dürfen als das wir weit ab alleine (wenn auch immer zu zweit) schlafen. So fühlen wir uns zugehörig und sicherer. Bisher wurden wir auch noch nie abgewiesen.
Wenn wir in der Wildnis campieren, dann lieber am Feld- oder Waldrand mit offenem Blick, aber natürlich mit Sichtschutz.
Bisher haben wir auch oft bei sehr netten Verwandten und Freunden übernachten können. So in Jena, Erfurt, Nordhausen, Altenweddingen, Dresden, Wien und jetzt in Istanbul. Teilweise für mehrere oder sogar recht viele Nächte.
Einige male haben wir auch mangels Alternativen im Hotel oder einer Pension genächtigt. Da können wir auch gut die Geräte aufladen und den immer vorhandenen Internetanschluss nutzen. Aber ehrlich gesagt genießen wir auch solche Übernachtungen. Muss auch mal sein.
Das Schlafen im Zelt
Das Campen ist für uns nicht neu. So haben wir auch die negativen Begleiterscheinungen etwas gefürchtet. Das sich zum Beispiel alles auf dem Boden abspielt ist nicht so ganz unser Ding. Deshalb haben wir auch, wie ihr auf den Fotos sehen könnt, die Hocker mit. Allerdings kommen wir besser mit diesen Umständen zurecht als wir dachten. Ob mit oder ohne Hocker.
Viele stellen sich es bestimmt auch schlimm vor, wenn es kalt ist morgens aus dem Schlafsack zu krabbeln und das Frühstück zu zu bereiten. Ist es auch, aber nur im ersten Moment. Ist man aber beim hantieren ist es erträglich und hat man erst seinen Tee- oder Kaffeebecher in der Hand macht es sogar Spaß.
Am späten Nachmittag ist Wasser besorgen angesagt. Meistens nutzten wir bisher Brunnen, in Ungarn spezielle Hydranten, Tankstellen oder wir fragen einfach bei Leuten. Wir benötigen für abends und morgens 10 – 15 Liter. Dafür haben wir Wassersäcke dabei.
Abends ist der ganze Ablauf fast schon automatisiert. Zeltaufbau, Kochen, Essen, Abwaschen, Duschen, Aufräumen und den nächsten Tag vorbereiten gehen uns flink von der Hand.
Und liegen wir erst in unseren Schlafsäcken und die Zelteingänge sind geschlossen, ist die Welt in Ordnung. Egal wo wir sind. Wir führen noch ein wenig Tagebuch, Lesen etwas und dann ist „Gute Nacht John Boy......“
Die Länder
Die Unterschiede zwischen den Ländern die wir bis jetzt bereist haben sind schon gravierend. Ein starkes Wohlstandsgefälle ist unübersehbar. Am schärfsten machte sich das in Rumänien bemerkbar. Der allgemeine Verfall ist sehr bedrückend. Allein zu sehen was viele Leute auf dem Leib tragen ist erschreckend.
Länder wie Kroatien, Serbien oder Tschechien wirken da sehr viel weiter. Wenn nur das Müllproblem nicht wäre.
Die Menschen
Sind die Menschen in Tschechien oder der Slowakei teilweise uninteressiert, sind sie in Bulgarien sogar abweisend und haben scheinbar Spaß daran wenn wir, als Reisende ein Problem haben. Auch in der Gastronomie scheint der Gast in diesem Land ein Störfaktor zu sein. Aber zum Glück haben wir das bisher nur einmal erlebt.
Hingegen kamen uns die Kroaten, die Serben und die Rumänen sehr offen, herzlich und hilfsbereit entgegen.
Ganz oben stehen aber natürlich die Türken. Wir kannten sie schon von einem früheren Türkeiurlaub und erleben sie wieder genauso gastfreundlich. Man braucht als Reisender, egal ob zu Fuß oder mit dem Fahrrad, eigentlich nur stehen zu bleiben und hilflos drein zu blicken. Man kann sicher sein, dass sofort jemand seine Hilfe anbietet.
Das Wäsche waschen
Da wir mit reduziertem Gepäck reisen haben wir natürlich auch nicht Kleidung im Überfluss dabei. So ist oft Handwäsche angesagt. Dank antibakterieller und schnelltrochnender Wäsche ist es aber nicht so problematisch. Allerdings sind wir froh, dass wir nicht durch Gera radeln müssen wenn wir frisch gewaschene Shirts und Hosen, an die Packtaschen geklammert, zum Trocknen durch die Gegend fahren. In größeren Städten nutzen wir gelegentlich Waschsalons.
Trotz der Maßnahmen hat sich vor allem Sabine noch nicht so recht daran gewöhnt das sie nicht, wie bisher, bei Bedarf einfach ein frisches Teil aus dem Kleiderschrank ziehen kann.
Ihr seht, das höchste Level der Verbuschung haben wir noch nicht erreicht. Wir sind aber auf einem guten Weg. Also nichts für Prinzessinnen :-).
Die Geldversorgung
Der Geldnachschub läuft bisher reibungslos. In allen Ländern, die wir bisher bereist haben, standen immer ausreichend Bankomaten zur Verfügung.
In unseren Berichten versuchen wir euch so gut es geht einen realistischen Abriss unserer Tour zu geben. Auf jeden Fall sind wir darauf bedacht, euch nicht vorzugaukeln, dass jeder Tag ein Zuckerschlecken ist. Wetter, Berge und Stress bei der Schlafplatzsuche können uns manchmal einen Strich durch die Rechnung machen. Wenn ich dann noch nicht vorhandenen Zeitdruck ins Spiel bringe, kommt es schon mal vor, dass Bine damit droht zum nächsten Flughafen zu fahren und nach Hause zu fliegen :-).
Bei anderer Gelegenheit überrascht sie mich dann wieder mit mehr Hartnäckigkeit und Zielstrebigkeit als ich gerade aufbringe.
Wir hoffen aber sehr, das ihr Sehen und Lesen könnt, dass wir inzwischen wirklich unterwegs sind. Der Spaß an der Sache und die Neugier als Triebfeder werden uns bestimmt auch weiter voran bringen.